Was ist Budō?

 

Der Begriff Budō (jap. 武道, deutsch: „Militärweg, Kriegsweg“) bezieht sich formell auf alle japanischen Kampfkünste von  Aikido über Sumo bis  Kyūdō. Verfolgt man jedoch den Weg zurück zum Ursprung der Kampfkünste, wird offenbar, dass man den Begriff Budō ausweiten muss, denn die traditionellen Kriegskünste der Japaner haben ihren Ursprung nicht in Japan.

Dass der Mensch an sich danach trachtet, sich verteidigen zu müssen, ist so alt wie die Menschheit selbst. Seit der Mensch den Gebrauch von Instrumenten (zunächst wohl Stöcke oder Schleudern) lernte, entwickelte sich die Fertigkeit, andere umzubringen, rapide. Wann genau die ersten chinesischen Mönche in Japan eintrafen und waffenlose Selbstverteidigung und z.B. den Stockkampf weitergaben, ist nicht exakt überliefert.  Aber wie in der menschlichen Natur fest verankert, werden als funktional geltende Dinge weiter perfektioniert. So erklären sich die vielen Formen der Kampfkunst, die heutzutage existieren.

 

Budō als philosophisch-spiritueller Ansatz ist eher schwierig zu beschreiben. Der Begriff wird allzu oft total glorifiziert und dient somit als geistige Krücke oder Argumentierhebel, um sich und / oder andere nicht mit realen Dingen auseinandersetzen zu müssen. „Das ist nicht Budō“ wird missbräuchlich und inflationär benutzt und ist dann nur noch eine leere Hülse. 
Budō als Weg des Kriegers dient allgemein eher als Oberbegriff für den arg strapazierten  Begriff  „Bushidō“, den ethisch-moralischen Kompass der Samurai. Den nicht immer alle eingehalten haben, beileibe nicht. Er wurde und wird ebenfalls hochgehalten und glorifiziert, dient aber in einer zusehends gottgleichgültigen Welt immer mehr Menschen als Richtlinie. Bushidō als Kodex der Krieger heranzuziehen, kann durchaus „Budō“ sein, doch in unserer heutigen Welt wird das zusehends schwieriger. Und wer kennt schon den kompletten 7-5-3-Code?

 

Wir dürfen den Ursprung nicht verkennen: Kampfkunst in den frühen Formen war Unterricht zum Töten! Effizienz war oberstes Gebot. Erst durch den Einfluss des Zen zu Beginn des 17. Jahrhundert erhielt die tödliche Kampfkunst seinen ethisch-moralischen Inhalt. So kam es, dass das „dō“ zu den Kampfkünsten hinzugefügt wurde, um zu beschreiben, dass das Erlernen einem Weg, bzw. einer Entwicklung gleichkommt. Niemand wird als Meister geboren. Das Prinzip des sich schließenden Kreises wurde hier offenbar. Auch die widersprüchlichen Triebe der Menschen kamen gnadenlos zum Vorschein. Einerseits der immense Drang nach Freiheit und Unabhängigkeit, andererseits die von manchen Gesellschaftsschichten geforderte Unterordnung in bestehende Systeme, Gesetze und Regeln. Diese beiden Aspekte in Harmonie zu bringen, kann durch Budō gut gelingen, so man das will.

 

In unserer westlichen Welt prägen viele Dinge das tägliche Leben. Durchsetzungskraft, Egoismus, ausufernde Egos, Überheblichkeit, Arroganz und natürlich der stärkste Trieb: Reproduktion. All diese Dinge bringen im Budō nicht weiter. Der erste Schritt wäre eine Selbstreflexion seines Ichs. Wer kann das schon? Wer bin ich? Diese Frage gilt es leidenschaftslos und vorurteilsfrei zu beantworten.

 

Ich habe mich entschieden, daran zu glauben, dass den alten Meistern diese Dinge bewusst waren. Mittels der Kampfkünste, des Mühens, des Strebens, des Quälens, der endlosen Wiederholung, des Schmerzes und der Verzweiflung der Übenden schwanden erstaunlicherweise viele Dinge. Bei den meisten Schülern zumindest. Angst vor dem Tod, vor dem Sterben an sich, vor dem Töten, all diese Dinge wurden blasser. Das war die angewandte Zen-Philosophie. Der Blick der Übenden richtete sich weg von den weltlichen Dingen und fokussierte sich auf sich selbst. Dadurch entstand eine natürliche Balance zwischen Anspruch und innerer Ruhe. Das ist die größte Errungenschaft des Begriffes „Budō“.

 

So entstanden „Schwerter zu Pflugscharen“, beziehungsweise die Fähigkeiten der alten Krieger, die sie gegen ihre Feinde richteten, verinnerlichten sie zu einer Lebenskunst. Durch die Härte fanden die Schüler ihre Grenzen. Und gingen darüber hinaus. Dadurch vervollkommneten sie ihre Fähigkeiten weiter und weiter.
Zwei Meister betrachteten einst ihre Schüler. Einer sagte: „Werden sie je werden, wie wir?“
„Nein. Wir sind, worüber sie hinauswachsen müssen“

 

Die Überwindung des Ich, die als die wichtigste Voraussetzung für den Weg gilt, kann er in der Übung lernen, sich selbst zu erkennen und als Mensch zu verwirklichen. Lehnt der Übende diese Bedingung jedoch ab und sucht stattdessen die bloße Formperfektion, nur den Wettkampf, die Graduierung oder Ruhm, wird er den Weg nicht erkennen. Die Arbeit an Disziplin und Ego sollte von einem guten, erfahrenen Meister gelenkt werden. In vollem Vertrauen und sinnvoller Übung kommt der Unerfahrene hin, selbst Meister zu werden. Der Weg hin zum „Budo“ birgt nicht selten Klippen, die es erfordern, Logik und Verstand auszukoppeln und nur dem reinen Gefühl zu vertrauen. An dieser Stelle sei dringend empfohlen, nicht darauf zu vertrauen, dass es dein „einen“ Weg gibt, den Königsweg, die Universalanleitung. Das „dō“ ist immer ein individueller Weg. Shin – Gi – Tai (Geist, Körper, Technik) sollte hier in der Balance sein.

 

Es gibt sicherlich adäquate Pendants. Soldaten werden nicht nur an der Waffe ausgebildet, sie werden auch in Werte und Normen unterrichtet, Staatsbürgerkunde und Gesetzestexten. Dies kann durchaus als „Budō“ gewertet werden, da viele der unterrichteten Themen mit Bushidō konform gehen.

in den Dōjōs unterliegt es dem / der jeweiligen Sensei, die Schüler dort hinzuführen und selbst als Beispiel voranzugehen. Das würde u.a. Bedeuten, nicht nur physisches Training zu geben, sondern ebenfalls die charakterlichen Ansätze zu formen. Auf den Seminaren von z.B. Carlos Molina ist es grundsätzlich einbezogen, sich auf die Schulung des Charakters ebenso zu fokussieren, wie auf Technik und Fitness.  „Shin Gi Tai“, also Geist, Körper und Technik in Balance zu bringen, wird immer wieder gelehrt. Das Dōjōkun, Gōdōshin, etc sind wichtige Bausteine auf dem Weg eines Kriegers, die einzuhalten ihm empfohlen sind. Nachfolgend die Grafiken, die selbsterklärend sind.